Leiharbeit

Leih- oder ZeitarbeiterInnen zählen zu den klassischen prekär Beschäftigten. Sie sind bei einer Leihfirma angestellt, die sie dann an verschiedene Firmen für einen begrenzten Zeitraum weitervermittelt. Die Entleihfirmen haben gegenüber den Leihkräften Weisungsbefugnis, Bezahlung, Sozialversicherungspflicht usw. erfolgt jedoch durch die Verleihfirma. Durch Rückgriff auf die gegenüber fest angestellten Arbeitskräften zunächst teuere Leiharbeit können die betreffenden Unternehmen dennoch erhebliche Einsparungen erzielen, da dadurch Schwankungen in der Auftragslage oder beim eigenen Personalbestand – etwa durch Mutterschaftsurlaub, Krankheit, Urlaub, Wehr- oder Zivildienst – ausgeglichen werden können. Neueinstellungen werden somit vermieden, außerdem werden betriebliche Zusatzleistungen eingespart oder etwa gesetzliche Richtlinien, die sich auf die Anzahl der Beschäftigten im Betrieb beziehen, umgangen.

Die ersten Leiharbeitsfirmen wurden Anfang der 50er Jahre in den USA gegründet - die sogenannten "temporary-help-firms" - in Deutschland gibt es seit den 60er Jahren Leiharbeit. Seit 1973 wird die Anzahl der Leiharbeitnehmer in der BRD statistisch erfaßt.

Gesetzliche Regelungen für Leiharbeit wurden in den letzten Jahren immer wieder gelockert. So wurde die zulässige Überlassungshöchstdauer 1985 von 3 auf 6, 1994 dann auf 9 und 1997 schließlich auf 12 Monate verlängert. Ein Ende ist hier derzeit nicht abzusehen - Forderungen des Arbeitgeberverbandes belaufen sich auf bis zu 36 Monate.

Seit Anfang der 80er Jahre ist ein kontinuierlicher Zuwachs sowohl an Verleihbetrieben, als auch der dort Beschäftigten zu verzeichnen. Anfang der 90er gab es eine kurze Unterbrechung dieses Anstieges, der sich ab Mitte der 90er jedoch um so kräftiger fortsetzte. Insgesamt betrachtet ist der Anteil der Leihkräfte an den Erwerbstätigen noch gering (ca. 0,8% für 1999), jedoch dürfte sich das bei den derzeitigen Zuwachsraten in absehbarer Zeit ändern.

Das Durchschnittsalter der in Zeitarbeitsfirmen Beschäftigten ist relativ niedrig. Mehr als die Hälfte ist unter 30, weitere 30% zwischen 31 und 40, knapp 20% sind bis 60 Jahre alt. Der Frauenanteil beträgt rund 20%, ein Großteil (60%) der von Zeitarbeitsfirmen Eingestellten war zuvor arbeitslos. Die Verweildauer in den Zeitarbeitsfirmen ist generell niedrig. Rund zwei Drittel aller in den 90er Jahren gekündigten Arbeitsverhältnisse hatte eine Dauer von weniger als 3 Monaten.1 Oft werden die Beschäftigten für diesen Zeitraum an eine Firma verliehen und anschließend entlassen, wenn nicht sofort ein neuer Entleiher gefunden wird.

LeiharbeiterInnen verdienen nach Schätzungen des DGB im Schnitt 30...40% weniger als ihre KollegInnen bei der Entleihfirma. Bis vor wenigen Jahren weigerten sich die etablierten Gewerkschaften, mit Verleihfirmen Tarifverträge abzuschließen, da sie diese als Vorreiterinnen für ungesicherte Beschäftigung generell betrachteten. Das hat sich aber in den letzten Jahren geändert und spätestens seit der Expo 2000 in Hannover gibt es diesbezüglich keinerlei Hemmungen mehr.

Leiharbeit ist vor allem in der Industrie anzutreffen – sei es in der Produktion oder in der Verwaltung. In der Bauwirtschaft wurde in Deutschland die Leiharbeit 1982 verboten, um – wie man hoffte – die illegale Leiharbeit einzudämmen. Aber in vielen auf dem Bau anzutreffenden Firmen – z.B. des Elektrohandwerks – sind Leiharbeiter sehr häufig anzutreffen.

International sind – wie auch bei Zeitarbeit – die Niederlande Spitzenreiter bei dem Anteil an Leiharbeitskräften an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen. In vielen Ländern wurden auch erst in jüngster Zeit gesetzliche Regelungen für Leiharbeit erlassen, so in Italien 1996, in Spanien 1994. Jedoch verzeichnet in allen (Industrie-)Ländern die Leiharbeitsbranche hohe Zuwachsraten.

1
Müller-Jentsch, Walter/Ittermann, Peter: Industrielle Beziehungen; Daten, Zeitreihen, Trends 1950-1999; Frankfurt/New York 2000, S.74

Bild 1

Bild 1 Leiharbeit in Deutschland 1974-1999 (Quelle: Müller-Jentsch/Ittermann: Industrielle Beziehungen, Frankfurt/New York 2000)

Bild 2

Bild 2 Leiharbeit in verschiedenen Wirtschaftssektoren, Deutschland 1998 (Quelle: http://www.boeckler.de/)

Bild 3

Bild 3 Leiharbeit in ausgewählten Ländern (1999, Quelle: WAZ v. 20.8.00; http://www.oegb.or.at für Österreich; Mishel/Bernstein/Schmitt: The State of Working America 2000/2001, Ithaca, New York, 2001 für USA)


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