Was ist Arbeit?
Dem Ergebnis der weiteren Darlegungen
vorgreifend, soll an dieser Stelle zur Vermeidung von Mißverständnissen
die Verwendung des Begriffes Arbeit im späteren Text grob skizziert werden.
Der im Folgenden verwendete Arbeitsbegriff unterscheidet sich von dem derzeit
meist im eingangs geschilderten - stark ideologisch geprägten - Sinne
verwendeten. Arbeit ist weder synonym mit jeglicher Tätigkeit, die auf
Naturbearbeitung abzielt, noch auf entlohnte Arbeit eingeschränkt. Ganz
abstrakt gesehen ist Arbeit all diejenige Tätigkeit, die einen außerhalb
ihrer konkreten Verrichtung liegenden Zweck hat. Sie umfaßt jegliche
Tätigkeit, die in erster Linie der eigenen Existenz und deren Reproduktion
wegen verrichtet wird und nicht etwa aus Freude an einer konkreten Aktivität.
Dazu gehört in der westlichen, kapitalistischen Gesellschaft zum einen
jegliche Lohnarbeit, zum anderen natürlich auch ein Großteil der
Hausarbeit sowie der Tätigkeit im sogenannten "informellen Sektor".
In anderen Gesellschaften war das (und ist es noch immer bzw. zunehmend wieder)
beispielsweise die Tätigkeit von Sklavinnen und Sklaven, Fronarbeit usw.
Der Gegenbegriff zur Arbeit, weiter unten als schöpferische Praxis bezeichnet,
meint hingegen ein Tun vorrangig aus Lust am Schaffen, am Tätigsein.
Das schließt dabei nicht aus, daß diese Tätigkeit mit Anstrengungen
verbunden ist oder daß ihr Produkt der Reproduktion dient.
Auch kann beispielsweise eine Berufstätigkeit vorrangig Arbeit oder eben
auch Selbstverwirklichung im Sinne von schöpferischer Praxis sein. Nur
wird unter heutigen Bedingungen für die überwiegende Mehrheit der
Arbeitsaspekt im Vordergrund stehen. Genausogut ist es denkbar, daß
die Tätigkeit nach der eigentlichen Lohnarbeit, also in der Freizeit,
Arbeitscharakter annimmt. Nämlich beispielsweise dann, wenn die "Hobby"-Gärtnerin
oder der Eigenheimbesitzer ständig an ihrem/seinem Freizeitobjekt "rumwerkeln"
muß, nur um dem verinnerlichten Gebot, wonach man werktags nicht auf
der faulen Haut liegen darf, Folge zu leisten. Andererseits überwiegt
vielleicht bei mancher/manchem etwa im künstlerischen Bereich Tätigen
auch heute schon der schöpferische Charakter der Arbeit, der den gleichzeitig
vorhandenen Erwerbszweck seiner Tätigkeit zumindest vorübergehend,
solange sie hinreichend erfolgreich ist, in den Hintergrund treten läßt.
In jeder Praxis werden wohl immer Elemente von beiden Tätigkeitsformen
enthalten sein. Beide Arten von menschlicher Tätigkeit hatten aber in
der geschichtlichen Entwicklung einen unterschiedlichen Stellenwert. Diesem
Verhältnis soll nun im weiteren nachgegangen werden.